Carl Ludwig Jahn

Die Holzgewächse des Friedrichshains bei Berlin.

Geſchichtliche und ſtatiſtiſche Notizen.

Erforſchung unbekannter Länder, bis Tauſende ſich friedlich des hohen Genuſſes erfreuen konnten, zwiſchen den fern her zu uns ge­brachten und bei uns mit Sorgfalt kultivirten Gewächſe luſtwan­deln, unter deren kühlendem Schatten ausruhen, oder uns an dem ſüßen Dufte ihrer Blüthen zu laben und das Auge zu ergötzen an den wunderbar mannigfaltigen Formen und Farben der Blätter und Blüthen.

Es verdient noch beſonders bemerkt zu werden, wie durch die vortreffliche Auswahl dafür Sorge getragen iſt, daß wir von den erſten Tagen des Frühlings bis in den Spätſommer hinein blü­hende Gewächſe finden. Beſonders im Mai iſt die Luft des Hains von aromatiſch‐balſamiſchen Düften der Milliarden ſich entfaltenden Blumenkronen erfüllt.

Aus dem vorſtehend angedeuteten Geſichtspunkte betrachtet, hat der Friedrichshain eine hohe kulturgeſchichtliche Bedeutung, die an das Licht zu ſtellen hier nicht nur ſeine Berechtigung finden dürfte, ſondern in ſeiner ganzen Bedeutung hervorgehoben zu werden ver­dient.

Man könnte leicht verſucht werden, zwiſchen dem durch die ſel­tene Ausſtattung des Hains in der Pflanzenwelt uns Dargeſtellten, und zwiſchen den bewundernswürdigen, aber harten Kämpfen, welche der große Heldenkönig durchfechten mußte, damit in dem, durch die­ſelben, von ihm neubegründeten und befeſtigten Staate, unter dem Ehrfurcht gebietenden Scepter ſeiner Nachfolger Wiſſenſchaft, Kunſt und Jnduſtrie (Jntelligenz) ſich zu ſolcher Hohe der Blüthe ent­wickeln konnten, daß der ehrenvolle Ruf der Hauptſtadt (Berlin), als die Metropole derſelben, bis in die fernſten Länder der Erde hinüber klingt und bei allen gebildeten Völkern in hohem Anſehen ſteht. Ja, wir müſſen dieſen Aufſchwung geiſtigen Strebens, als die Früchte der großen Errungenſchaften Deſſen bezeichnen, der nicht blos als Held auf dem Schlachtfelde, ſondern auch als tiefer Denker und als eifriger Pfleger von Wiſſenſchaft und Kunſt, ſo lange es Geſchichte giebt, bewundert und verehrt werden wird.

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Die vorzügliche materielle Ausſtattung dieſer ſtädtiſchen Schöpfung hat demnach nicht allein einen äußern hohen Werth, ſondern auch zugleich eine nicht minder wichtige geiſtige Bedeutung, nicht nur für die Gegenwart allein, ſondern auch für alle nachkommenden Geſchlechter, für diejenigen, welche dieſe ſtumme und doch ſo beredte Sprache verſtehen und die mit großen Zügen dargeſtellte Schrift zu leſen vermögen, indem der wiſſenſchaftliche und induſtrielle Stand der Gegenwart dadurch dokumentirt wird.

Die Stadt hat in dem Friedrichshain nicht dem großen Kö­nige allein, ſondern ſich ſelbſt ein ehrenvolles Denkmal errichtet.


Zur Verwaltung und Jnſtandhaltung der Anlagen des Hains, für Pflänzlinge, Sämereien ꝛc. iſt die jährliche Summe von 3500 Thlr. ausgeſetzt.


Beſchreibung des Hains.

Beſonders hervorzuhebende Punkte des Hains ſind:

1) Das Plateau.

Daſſelbe iſt eine kleine, von Südweſt nach Nordoſt ſtreichende Erhöhung in Form eines langen Vierecks, das außer den Geländen von wildem Wein und Waldrebe neben den Steigen und Raſen­plätzen mit ſchönen Linden bepflanzt iſt. Bereit ſtehende Bänke la­den zum Ausruhen in deren Schatten ein. Am weſtlichen Ende erhebt ſich in der Mitte eines kreisrunden Kieſplatzes das von einem Mitbürger der Stadt (dem Schneidermeiſter Freitag) errichtete und dem Hain ſehr zur Zierde gereichende Denkmal Friedrichs II. Daſſelbe beſteht aus einem viereckigen, etwa einen Meter hohen Unter­baue von Granit, auf welchen von jeder Seite fünf Stufen füh­ren. Auf demſelben erhebt ſich eine, etwa drei und dreiviertel Meter hohe, nach oben