Carl Ludwig Jahn

Die Holzgewächse des Friedrichshains bei Berlin.

Geſchichtliche und ſtatiſtiſche Notizen.

Während den Bewohnern des weſtlichen Stadttheils der er­quickende Beſuch des Thiergartens, durch ſeine Nähe, leicht aus­führbar blieb, mußte mit der Auſdehnung der Stadt in entgegen­geſetzter Richtung den Bewohnern dieſer Gegend von Jahr zu Jahr der Beſuch deſſelben immer mehr erſchwert und verkümmert, ja zuletzt faſt zur Unmöglichkeit werden, je weiter die langen Straßen ſich polypenartig gen Oſten ſtreckten.

Jhnen fehlte aber jeglicher Erſatz für dieſen Verluſt, da die Stadt an der nördlichen und öſtlichen Seite, bis unmittelbar an die Ringmauer, von blachem Ackerlande begrenzt wird, wo daſſelbe nicht ſchon zerſtreut mit Gebäuden bedeckt war oder zu beſonderen Zwecken bereits eine Verwendung gefunden hatte, z.B. zu Begräbniß­ſtätten ꝛc., wie zwiſchen dem Landsberger und Frankfurter Thore.

Der von Allen tief empfundene Mangel eines ſchattengebenden Erholungsortes für dieſen Stadttheil, welcher vorzugsweiſe von ärmeren Handwerkern bewohnt iſt, die nicht die Zeit für den wei­ten Weg nach dem Thiergarten aufwenden konnten, fand ſchon in der Mitte der dreißiger Jahre einen Ausdruck in verſchiedenen öffentlichen Blättern.

Die ſtädtiſchen Behörden erkannten nicht nur das Gerechtfer­tigte dieſes dringenden Wunſches an, ſondern vereinigten ſich auch bald zur möglichſt ſchnellen Abhülfe deſſelben.

Der praktiſchen Ausführung dieſer ſchönen Jdee ſtellten ſich jedoch von vorn herein nicht unbedeutende Schwierigkeiten ent­gegen.

Einerſeits liegen die Thore ſehr nahe an einander und die hinausführenden Straßen waren zum Theil weit hinaus mit Häu­ſern bebaut, und der ſchon oben erwähnte größte freie Zwiſchen­raum, zwiſchen dem Landsberger und Frankfurter Thore, war ſchon längs der Mauer hin zu Begräbnißſtätten verwendet. Es blieb deshalb nur der Raum zwiſchen dem Landsberger und Königs­thore, als dem Zwecke entſprechend, übrig.

Hier ſtellten ſich jedoch faſt unüberwindlich ſcheinende Hinder-

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niſſe dadurch entgegen, daß der hier befindliche Acker aus mehr denn 20 Plänen beſtand, die faſt unter eben ſo vielen Beſitzern vertheilt waren. Dieſe mußten nothwendig alle für eine gütliche Abtretung gewonnen werden, weil für den in Rede ſtehenden Zweck das Expropriationsgeſetz keine Anwendung finden konnte.

Wer jemals die Schwierigkeit kennen gelernt hat, eine gütliche Bereinigung ſo Vieler zu einem gemeinſchaftlichen Schritte zu er­wirken, der wird dieſelbe nicht für gering erachten, da der Wider­ſtand oder Eigenſinn eines Einzelnen das ganze ſchöne Projekt illuſoriſch machen konnte.

Einen eben ſo wichtigen Faktor, welcher ernſtlich mit in Rech­nung gezogen werden mußte, war aber auch die Fruchtbarkeit des Bodens, welche den Beſitzern einen reichen Gewinn abwarf, da es faſt durchgängig Boden erſter Klaſſe war. (Weizboden.)*)

Man mußte, wenn eine Abtretung wirklich ermöglicht wurde, vorausſichtlich darauf rechnen, daß die Eigenthümer nur gegen Zah­lung ſehr bedeutender Summen ſich dazu herbeilaſſen würden.

Die ſtädtiſchen Behörden ſchreckten jedoch vor allen dieſen Hin­derniſſen nicht zurück, ſie haben durch die jetzt in ganzer Schönheit vor uns liegende That, in dem überaus reizenden Friedrichshain einen Erholungsort geſchaffen, der jeden Beſucher entzückt, weß Standes er auch ſei.

Der Name.

Es dürfte hier der geeignete Ort ſein, die Frage zu beantwor­ten, weshalb dieſer Erholungsort gerade dieſen Namen erhal­ten hat.

*) Manchem mag es befremdend erſcheinen, in der nächſten Nähe der Stadt Berlin von Weizboden zu hören, weil man allgemein gewohnt iſt, Berlin ſich in einer Sandbüchſe liegend zu denken. Dies gilt aber nur von der Weſtſeite. Vom Norden nach Oſten und Süden herum zieht ſich ein Gürtel meiſtens ſehr fruchtbaren Bodens.