1. Einleitung¶
Die Gartenkunstgeschichte ist eine Disziplin, die unterschiedliche Wissenschaften verknüpft. Neben den Ingenieursdisziplinen Landschaftsarchitektur und Architektur sind primär die Geschichtswissenschaften1 sowie die Ökologie Eckpfeiler der wissenschaftlichen Arbeit in Bezug auf die Analyse, Bewertung und Bewahrung von Gärten und Parkanlagen. Diese Vielfalt verstärkt die Notwendigkeit, im Rahmen des wissenschaftlichen Arbeitens die Informationswissenschaft2 beziehungsweise deren Methoden zu reflektieren und einzubeziehen.
Die Arbeit soll der Frage nachgehen, welche ‚digitalen‘ Methoden, Datenformate und Hilfsmittel anderer Wissenschaftsdisziplinen zur langfristigen Nutzung digitalisierter Quellen in der Gartenkunstgeschichte geeignet sind und kann als erläuternder Leitfaden für PraktikerInnen dienen. Kapitelweise werden konkrete Arbeitsschritte dargestellt und erläutert.
Beispielhaft werden ausgehend von Carl Ludwig Jahns „Die Holzgewächse des Friedrichshains bei Berlin“3 Werkzeuge, Workflows und Methoden der Digitalisierung, folgender Derivation und Informationsanreicherung erläutert werden. Als besonderen Aspekt soll die darin enthaltene Pflanzenliste betrachtet werden, da solchen in der Gartendenkmalpflege nicht nur die Autorität einer zuverlässigen historischen Evidenz zukommen, sondern diese auch informationelle Brückenschläge zu weiteren Informationsbeständen nahelegen.
1.1. Potentiale digitalisierter Quellen und digitaler Editionen¶
Sowohl durch allgemeine, weltweite Bemühungen, historische Veröffentlichungen zu digitalisieren – vor allem getragen von Bibliotheken, aber auch Stiftungen und Technologiekonzernen – als auch den besonderen von Fachinstitutionen betriebenen, liegt mittlerweile ein nicht leicht überschaubarer Bestand gartenhistorischer Literatur in digitaler ‚Form‘ und verfügbar per World Wide Web vor. Die Linksammlung der Deutschen Gartenbaubibliothek umfasst etwa im Mai 2017 Verweise auf knapp 2.700 Monographien4 und gut 1.350 Zeitschriften5.
Damit wird bereits konservatorischen Herausforderungen Rechnung getragen, da die weitere Abnutzung der Medien durch menschlichen Gebrauch stark verringert werden kann. Für Nutzende ist die Beschaffung von Literatur deutlich einfacher, da hiermit der bis dahin nötige körperliche und administrative Vorgang der Ausleihe von Printmedien entfällt. Durch den Medienwechsel, aus dem ein Vorgang einer kopierenden Datenübertragung resultiert, folgt eine eklatant häufigere Verfügbarkeit auf der ganzen Welt und darüber hinaus.
In aller Regel liegen die Digitalisate jedoch als PDF-Datei vor, die lediglich Bilder der gedruckten Seiten beinhalten, somit sind die Textinhalte nicht durchsuchbar. Sind Transkripte vorhanden, fehlen jedoch die zugehörigen Abbildungen und Eigenschaften des Layouts, zum Beispiel sind Überschriften, Tabellen, Fußnoten verloren gegangen.
Die beliebige Darstellung von Texten, deren Original in Handschriften oder nicht mehr üblichen Schriftarten verfasst beziehungsweise gedruckt wurden, ermöglicht für viele Menschen eine erleichterte Lektüre. Zumal digitalisierte Texte per Screenreader bereits eine Rezeption durch Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung ermöglichen. Gleichzeitig muss ein authentischer Eindruck der Originalquelle möglich bleiben.
Wie von World Wide Web-Veröffentlichungen bekannt sind sowohl editionsbezogene Verknüpfungen wie in Registern und Referenzierung weiterer Quellen, beziehungsweise Teilen davon, die digitalisiert oder davon deriviert vorliegen, möglich. Daraus ergeben sich erweiterte Darstellungsmöglichkeiten sowie Analysemöglichkeiten auf Textebene, innerhalb eines Textkorpus und in Bezug auf weitere Informationen. In der Darstellung könnten zum Beispiel andere Nennungen einer Art, eines Objektes, eines Ereignisses in Kontext gesetzt werden. Zitations- und auch Korrespondenznetzwerke sind gängige algorithmische Methoden, um Beziehungen zwischen Quellen und AkteurInnen zu beleuchten.
Fußnoten
[1] | Das sind insbesondere die Kunst-, Bau- und Technikgeschichte. Aber auch die Sozial- und Wissenschaftsgeschichte, hinsichtlich botanischer Entdeckungen und der Rahmenbedingungen für Rezeptionen historischer wie neuer Ideen und Wissenstransfers. |
[2] | Diese sei hier verstanden als Weiterentwicklung der Bibliothekswissenschaft und des Dokumentationswesens im Lichte der rapiden Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung innerhalb der letzten drei Dekaden. So sehr diese Entwicklungen auch – wohl und übel – scheinbar alle Sphären menschlichen Daseins und gesellschaftlicher Vermittlung durchdringen, ist eine Einbeziehung auch unumgänglich. Spätestens für die sogenannten Digital Natives, die mittlerweile wissenschaftlich ausgebildet werden, stellt sich in der Mehrheit gar nicht die Frage, ob sie Mittel und Methoden der EDV nutzen. Bezüglich des wie gibt es nach meinem Erachten wie in Pionierphasen üblich noch einigen Klärungsbedarf. |
[3] | [Jahn1864] |
[4] | https://web.archive.org/web/20170515193125/http://www.ub.tu-berlin.de/sammlungen-und-universitaetsarchiv/deutsche-gartenbaubibliothek/digitalisierte-historische-gartenliteratur/monographien/ |
[5] | https://web.archive.org/web/20170515192924/http://www.ub.tu-berlin.de/sammlungen-und-universitaetsarchiv/deutsche-gartenbaubibliothek/digitalisierte-historische-gartenliteratur/zeitschriften/ |